Ein Gebäude im Wandel der Zeit
Die Geschichte eines Hauses ist die Geschichte seiner Bewohner, die Geschichte seiner Bewohner ist die Geschichte der Zeit, in welcher sie lebten und leben, die Geschichte der Zeiten ist die Geschichte der Menschheit. (Wilhelm Raabe)
Kluge Worte.
Der Deutsch-Israelitische Gemeindebund in der Steglitzer Straße in Berlin hatte gemeinsam mit der Großloge für Deutschland des Bne Briss Ordens die Silberhochzeit des deutschen Kaiserpaares 1907 zum Anlass genommen, ein Heim für schwachsinnige aber bildungsfähige Kinder in Beelitz/Mark zu errichten. Die hierfür neu geschaffene Stiftung erhielt, durch kaiserliche Kabinettsorder besiegelt, den Namen „Wilhelm- Auguste- Victoria“. Die Stadt Beelitz schenkte das Grundstück, das in den Besitz des Deutsch- Israelitischen Gemeindebundes und der Großloge für Deutschland überging. Die Kosten für den Neubau beliefen sich auf 120.000 Mark, die über verschiedene jüdische Gemeinden, der Loge und von privaten Spendern aufgebracht wurden.
Der Deutsch- Israelitische Gemeindebund und die Großloge für Deutschland gründeten zur Verwaltung des Heimes den Verein „Israelitische Erziehungsanstalt für geistig zurückgebliebene Kinder-Wilhelm-Auguste-Victoria- Stiftung in Beelitz e.V.“, der sich ganz allein „die Pflege und Erziehung geistig zurückgebliebener Minderjähriger beiderlei Geschlechts in einem besonderen Heim“ zur Aufgabe gestellt hatte. Symbolisch pachtete der Verein von den beiden Besitzern, Grundstück und Haus. Die Leitung des Heimes wurde dem Lehrer Sally Bein übertragen.
Am 25.Oktober 1908 wurde die israelitische Erziehungsanstalt in Beelitz eröffnet.
Bis 1933 war es eine anerkannte Bildungseinrichtung in Deutschland.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, am 30.01.1933, musste das Kinderheim um ihr weiteres Bestehen kämpfen.
1942 wurde das Heim geschlossen.
Am 1. Mai 1945 wird Beelitz zum Kriegsschauplatz: Das Kinderheim am Wasserturm wurde dabei stark zerstört.
Im Oktober 1945 wurde hier eine Schule eröffnet, die im Dezember 1945 in die Diesterweg –Schule verlagert wurde. Dadurch unterlag das Gebäude einem weiteren Zerfall.
1951 wurde durch Mittel des Zentralrates der FDJ das Gebäude wiederinstandgesetzt.
1951-1955 war es die Zentralschule der FDJ für Jugendfunktionäre aus ländlichen Gebieten.
1955 wurde die Schule der FDJ nach Blankensee verlegt und das Gebäude wurde als Fachschule für Landwirtschaft genutzt.
Ende der 60er Jahre wurde die Fachschule in Agrar-Ingenieur-Schule umbenannt und war bis 1990 in Betrieb.
1991 ist das Gymnasium hier eingezogen.
1996 wurde auf dem Gelände ein modernes Schulgebäude durch Fördermittel des Landes errichtet.
Heute befinden sich im ehemaligem Kinderheim, Haus 2, die naturwissenschaftlichen Kabinette für Biologie, Chemie, Physik, die Informatikräume sowie der Kunstraum. Außerdem sind der Speisesaal und der Schülerclub bzw. die Werkstatt für den Hausmeister in diesem Gebäude untergebracht.
Haus 2 des Sally-Bein- Gymnasiums- wird am 25. Oktober 110 Jahre.
Für weitere Informationen kann die Ausstellung „Erinnerung macht Zukunft- In Andenken an Sally- Bein und seine Kinder. Ein Begegnungsprojekt“ im Haus 1 besucht werden.